Dienstag, 1. Dezember 2015

"Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!" - oder: Die hilflosen Helfer

Wer sich innerlich leer fühlt, 
braucht die Lebensenergie der anderen,
um den leeren Raum zu füllen.
Echte Hilfe ist nicht gewünscht.
Gouache und Scriptol auf Papier,
KBOTHA 2015.

Finger weg vom Energie-Vampir!


Es gibt Menschen, die jammern und klagen immerzu und verlangen nach klugen Ratschlägen und Hilfe, aber wolle beides im Endeffekt gar nicht. Ratschläge werden in den Wind geschossen, bloß um am nächsten Tag mit der gleichen alten Leier zu kommen, die gleichen kläglichen Fragen zu stellen und doch wieder auf nichts zu hören, was sie eventuell voran bringen könnte.
Es gibt immer ein "Ja, aber...".
Das ist ein typisches Zeichen für jemanden, der durch Klagen im Mittelpunkt stehen will, aber nicht bereit ist, selbst etwas zu tun, um seinen Zustand zu verändern. Ähnliche Aussagen sind: "Es geht einfach nicht!" oder "Ich kann einfach nicht!"
Wenn ganze Leidensgeschichten immer wieder wie ein Mantra vorgetragen werden, weil sich die Leute von anderen trösten lassen wollen (weil sie es eventuell selbst nicht können), bedeutet das nichts anderes als "Wasch mir den Pelz!", und wenn dann alle Vorschläge und Hilfestellungen abgelehnt werden, heißt das: "Aber mach mich nicht nass!"
Konkrete Lösungsvorschläge können oft nicht angenommen werden, weil die Personen sich wirklich schwach fühlen und zu nichts in der Lage sind, und das ist ein Drama. Eine sogenannte Zustands-Störung, wie eine Depression, Angst- und Panikanfälle und ähnliche Neurosen sind schlimm und sehr belastend für den Betroffenen. Interessanterweise sind es aber meistens nicht die Neurotiker, die sich nicht helfen lassen wollen. Sie sind interessiert an Hinweisen und suchen nach Lösungen und gehen eigene Wege, um den Zustand zu verbessern.
Anders sieht es aus mit dem Komplex der Persönlichkeitsstörungen (das Thema ist so umfangreich, dass ich es hier nicht näher erläutern werde, geht es mir doch um eine andere Sache).
Keine Hilfe zu wollen, bedeutet oft Angst, die Kontrolle zu verlieren. Denn dann würde ja etwas geschehen, man würde eventuell nicht mehr im Mittelpunkt stehen mit seinen Leiden. Zu jammern und zu klagen ist eine Möglichkeit der Konversation, die einem Aufmerksamkeit und - seltsamerweise - auch ein Stück Macht sichert, sind doch alle anderen um einen herum in Sorge um einen und teilweise in heller Aufregung, weil sie nicht mehr wissen, was sie noch tun sollen. Die Aufmerksamkeit von Mitmenschen durch das ständige Erzählen von Katastrophen zu sichern, ist eine pervertierte Form, sich Liebe zu erbetteln. Denn eigentlich ist es ja so, dass sich Menschen gerne mit positiv gestimmten Leuten umgeben, die ihnen Kraft geben oder sie einfach mal ablenken von den alltäglichen Sorgen, indem sie sie zum Lachen bringen.
Dass jemand, dem es doch offensichtlich so schlecht geht, Hilfe zurück weist, habe ich nie verstanden. Ich habe immer Verständnis gehabt für alle möglichen schlimmen psychischen Zustände, für Trauer und Angst und Suchtverhalten. Man muss im Leben und innerhalb von Freundschaften natürlich auch unangenehme und ernste Gespräche führen, sich gegenseitig trösten von Zeit zu Zeit. Aber es gibt tatsächlich Leute, die sind IMMER in einem destruktiven Zustand und wollen anderen die Kraft rauben und die Helfer regelrecht quälen. Das mag eine unbewusste Vorgehensweise sein - aber eine zutiefst narzisstische und auch sadistische.
Es gibt Menschen, die können das Gute 
nicht ertragen und werden von jeder Form
der Destruktivität 
angezogen. 
Aus 
psychoanalytischer Sicht 
ist das erklär-,
aber meist nicht heilbar.
Mischtechnik auf Papier, KBOTHA 2015
Wer seinen ungesunden Weg zuende gehen will, weil sein inneres Licht verloschen ist, weil er nichts mehr möchte von diesem Leben, ist bedauernswert und man kann versuchen, ihm zu helfen, wenn aber diese Hilfe wieder und wieder, teilweise über Jahre abgelehnt wird zugunsten der Negativität - dann sollte man als hilfloser Helfer die Beine in die Hand nehmen und so weit weg rennen wie man kann. Natürlich ist es schwer aus einem tiefen "Loch" herauszukommen, es ist sehr schwer, sich zu ändern, selbst wenn man es möchte. Und ein in seine Einzelteile zerfallenes ICH wird vermutlich auch nur mit Hilfe äußerster innerer Stärke wieder gesunden, wobei es jede Hilfe erhalten sollte, so sie denn gewollt ist.
Es ist schlimm für liebende Freunde und Verwandte mit anzusehen, wie jemand sich selbst zerstört und dabei durch nichts aufzuhalten ist und dazu noch seine Helfer terrorisiert, z. B. durch extreme Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Beschimpfungen, Drohungen, übergriffiges Verhalten usw. Und wer in die Rolle des Co-Abhängigen gerät (oft bei Alkoholikern der Fall, aber auch in anderen Systemen), dem ist bald selbst nicht mehr zu helfen. Weil er mit in den Abgrund geht - aus Liebe zwar. Ja. Aber rechtfertigt Liebe, das eigene Leben aufzugeben?
Also, was tun? Am Besten räumliche oder zumindest emotionale Distanz schaffen, um seine eigene psychische und körperliche Gesundheit nicht aufs Spiel zu setzen. Es ist so simpel wie wahr: Nur wer sich selbst helfen will, ist zu retten. Dabei sollte er soviel Unterstützung bekommen, wie er braucht. Doch wenn einer - flapsig gesagt - nur noch motzen und sein schlechtes Leben weiter führen will - was hat das dann für einen Sinn?



TEXT & MALEREI (c) KBOTHA 2015



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